Kindernest Seeshaupt e.V.
 
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Projekte > Projekt „Spielzeugfreier Kindergarten“ - Sommer 2005

Das im Jahr 2000 bereits stattgefundene Projekt „Spielzeugfreier Kindergarten“ weckte bei unseren Eltern immer wieder großes Interesse.
Im April 2005 starteten wir deshalb erneut.
Die Zeit ohne Spielzeug und ohne Anleitung der Erwachsenen für drei Monate ermöglicht eine Situation zu schaffen, in der sich die Kinder ausprobieren können.
Sie haben die Möglichkeit sich und ihre Stärken und Schwächen besser kennen zu lernen.
Wir stellten uns die Frage, was die spielzeugfreie Zeit mit Suchtprävention zu tun hat.
Dies erklärte uns Herr Rainer Strick vom Jugendamt Weilheim, der dieses Projekt mitentwickelt hat, so:
Aus der Suchtforschung ist bekannt, dass Menschen, die gelernt haben vielfältige Lebenskompetenzen zu entwickeln, mit ihren Stärken und Schwächen umgehen können und Handlungsalternativen selbst entwickeln können, weniger suchtgefährdet sind, als andere.

Wir starteten mit einer Befragung der Kinder im Vorfeld:

„Was machen wir, wenn wir kein Spielzeug haben?“

Antworten:

  • rutschen
  • schaukeln
  • Piraten spielen
  • fangen spielen
  • spielen mit den anderen
  • ich weiß gar nicht, was ich machen soll
  • ich spiele mit den anderen mit

Gemeinsam räumten Kinder, Erzieherin und Eltern das Kindernest aus.
Am Montag, den 02.Mai 2005 begannen wir unser Projekt „Spielzeugfreies Kindernest“.

Die Dienst habenden Eltern hatten die tägliche Aufgabe ihre Eindrücke und Beobachtungen in einem Tagebuch fest zu halten.


02. Mai 2005

  • Alle noch zur Verfügung stehenden Spielgeräte werden genutzt (Schaukel, Rutsche usw.)
  • Gruppenspiele
  • Langeweile, in die Luft gucken
  • Spielen mit Naturmaterialien (Kellerasseln, Tannenzapfen)

Situation:

  • Kind: „Wir brauchen eine Pferdeleine.“
  • Erwachsene: „Hmm“
  • Kind: „ Dann nehmen wir einfach meinen Pullover.“

Kinder spielen Pferd.


04. Mai 2005

  • Es ist auffällig, dass die Kinder viel, viel mehr miteinander reden.
  • Sie treffen Absprachen!
  • Sie suchen sich Spielpartner.
  • Die Kinder genießen es Brotzeit zu machen, wann sie wollen.
  • Ein Junge ist ein „riesenscharfer Saurier“, kriecht auf allen Vieren und versucht die Blumen auf der Wiese abzuessen.
  • Bildung von neuen Spielgruppen.


11. Mai 2005

So, heute ist mein erster Tag ohne Spielzeug, ich bin ja sehr gespannt.
Mein Dienst beginnt um 8:00 Uhr. M. ist als einziger schon da.
Es ist ungewohnt ruhig und leer. L. und M. unterhalten sich mit der Erzieherin und mir, spielen Schäfchen, bis auch andere kommen.
Die Kinder sind alle bester Laune und machen einen sehr motivierten Eindruck. Sie denken sich Spiele aus (Fangen, Verstecken, Höhle bauen, Pantomime, Zirkus, etc.) und spielen alle zusammen.
Es ist lauter als sonst, wird mehr durch die Gegend gerannt und, bei den Jungs, auch mehr gerangelt.
Gegen 9.30 Uhr macht die Erzieherin Brotzeit, jetzt bekommen auch andere Hunger und wir frühstücken zu Acht, wie sonst auch. Ich finde man unterhält sich mehr als sonst. Nach dem Frühstück gehen die meisten nach draußen zum Spielen.
Die Stimmung ist zwischen gelangweilt und hoch motiviert. Wenn etwas vorgeschlagen wird, von den Kindern, machen alle gleich mit, bis zum nächsten Vorschlag.
Der Vormittag geht schnell vorüber, schneller als ich dachte und es war interessant die Kinder zu beobachten, auch dass einige miteinander spielen, die sich sonst nicht treffen.
Ich hatte mir den Tag schlimmer vorgestellt.


29. Mai 2005

Mein erster spielzeugfreier Dienst, habe mich sehr gefreut. Ich finde es viel spannender als sonst. Wir sind draußen und das finde ich toll. Die Kinder sind viel in Bewegung.
Brotzeit ist die ganze Zeit.
S. und V. machen sogar „Rolle, Rolle, Rolle“ und sprechen über die Essensampel.
Das Zähneputzen ist Thema beim Essen, jedoch geputzt hat bis jetzt noch niemand.
Ich finde den Geräuschpegel viel leiser. Das Miteinander ist viel ausgeprägter.


03. Juni 2005

Ich bin als Praktikantin hier tätig und ich bin sehr überrascht, dass das Projekt so gut funktioniert. Obwohl es schon seit 4 Wochen kein Spielzeug mehr gibt, kommt es selten vor, dass sich ein Kind beklagt, dass es langweilig sei.


29. Juni 2005

Heute war ein echter Miesepeter-Tag Fast alle Kinder waren übermüdet und nicht in bester Laune.
Andauernd Streitereien, schlechte Laune, Langeweile, Heulereien,….
Ob es am, jetzt in den letzten Tagen zu heißen Wetter liegt??? Ich habe den Eindruck, dass der „Spielzeugfreie Kindergarten“ anfängt nervig zu werden. Die Ideen sind so langsam am Ende und die sich immer wiederholenden Spiele werden langweilig. Vielleicht sind drei Monate dann doch zu lange?!?


08.Juli 2005

Ich habe das Gefühl, dass die Kinder viel Spaß haben und sich nach wie vor im „spielzeugfreien Nest“ wohl fühlen.
Es wird viel geredet, gelacht und auch mal gestritten.
Manche Kinder sind auch selbständiger geworden.

Abschlussbefragung der Kinder:

1. Was hat Euch gefallen?

  • Pferdespiel
  • Ausdenken von Spielen
  • Höhlen bauen
  • Fangen
  • Keine gemeinsame Brotzeit
  • Spaß haben
  • Viel draußen spielen
  • Spiele aus dem Kopf
  • Gummistiefel werfen
  • Rutschen
  • Kein Fernsehen
  • Versteckspiele

2. Was wünscht Ihr Euch als Erstes?

  • Puppen und –wagen
  • Geschirr für die Puppen
  • Fußball
  • Malzeug
  • Autos
  • Knete
  • Pferdeleinen
  • Tischspiele: Maunz Maunz, Heinzelmänner, Schlossspiel, Memorie
  • Traktor
  • Sandspielzeug

Beim abschließenden Elternabend wurde folgende Pro/Contra-Liste erarbeitet:

Pro

  • sich zurückhalten
  • offene Brotzeit
  • am Anfang viele Ideen
  • mehr reden, erzählen
  • Sprache verbessert
  • Ideen haben sich entwickelt
  • Konfliktlösung
  • Lernen sich zurück zu nehmen
  • Beobachten
  • Kinder kennen lernen, verstehen
  • Mehr draußen

Contra

  • laut (innen)
  • Essmanieren
  • Erwachsene reden am Ende zuviel rein
  • Starken stärker, Schwachen schwächer
 

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